Ich bin die Nacht (Ethan Cross) | Buchrezension
- Tim J. R. Ufer

- 11. Aug. 2021
- 4 Min. Lesezeit
„Okay, okay… ganz ruhig jetzt.“
Ich atme ein. Ich atme aus. Schließe die Augen.
„Es ist alles gut… denk an deinen Happy Place.“ Ich verziehe meine Mundwinkel ein wenig, gehorche jedoch. Ich lockere meine Fäuste, meine Schultern entspannen sich.
Einatmen. Ausatmen. Und von vorn.
„So. Jetzt kann es losgehen.“ Ich öffne die Augen.
Oh, hey Leute – da seid ihr ja schon! Ich hab euch gar nicht kommen sehen. Naja, dann kann es jetzt ja wenigstens losgehen. Ich muss gestehen, ich war vor wenigen Minuten noch voll auf 180. Hat echt ein Weilchen gedauert, bis ich mich wieder gefangen habe. Aber sowas geht einfach nicht. Sowas ist einfach UNERHÖRT!
„Literarisch im unteren Mittelfeld angesiedelt“, „Unglaubwürdiger, abstruser Schund einfachster Machart“ – solche Bewertungen musste ich mir ansehen, als ich ganz unbescholten gerade ein wenig auf Amazon gestöbert habe, um mir die allgemeinen Hard Facts zu „Ich bin die Nacht“ von Ethan Cross abzugreifen.
„Inhaltsleer und dumm“, heißt es da! „INHALTSLEER UND DUMM!?“ Ich geb dir gleich inhaltsleer und dumm du mieser, kleiner…
Denk an deinen Happy Place. Alles ist gut. Katzenbabys – denk an süße Katzenbabys!
Okay, genug damit. Man muss auch fairerweise dazu sagen, dass es diese Art von Rezensionen wohl zu jedem Buch gibt. Und bei einer Durchschnittsbewertung von 4,4 Sternen bei 1.072 Bewertungen ist das schon in Ordnung. Es gibt eben in jeder Packung ein paar hohle Nüsse… (bitte alles nicht zu ernst nehmen, ich habe gerade den Spaß meines Lebens beim Schreiben dieses Artikels xD)
Zu den allgemeinen Facts
Aber nun endlich mal Tacheles. „Ich bin die Nacht“ von Ethan Cross ist der erste von 6 Bänden der hochgelobten Sheperd Reihe. Der Thriller hat 401 Seiten (was echt weird ist, denn die Zahl ist nicht durch 4 teilbar?) und ist im Dezember 2013 erschienen. Der Roman hat also schon ein paar Jährchen auf dem Buckel, was man aber nicht rausliest.
Wenn ihr meine Rezension zu „Die Stimme der Rache“ schon gelesen habt, dann wisst ihr auch, dass ich ein absoluter Ethan Cross Fanboy bin. Genau wie auch die anderen Bücher mit Protagonist Francis Ackerman Jr. ist das Buch unfassbar blutig, brutal, fesselnd und lustig zugleich. Dennoch muss ich zugeben, dass objektiv die neueren Thriller wie „Die Stimme des Zorns“ oder „Die Stimme der Rache“ von Ethan Cross wahrscheinlich noch ein bisschen besser sind.
Versteht mich hier bitte nicht falsch – „Ich bin die Nacht“ ist ein hervorragendes Beispiel meisterhafter Schreibkunst, ein Exempel ausgezeichneter Literatur! Doch wenn ich die beiden Bücher Kopf an Kopf stellen würde, dann würde der erste Band der Sheperd Reihe auf jeden Fall den Kürzeren ziehen.
Ein grober Überblick über die Handlung
In „Ich bin die Nacht“ lernen wir Francis Ackerman Jr. kennen, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet, bevor er zum FBI geht. Ackerman ist ein gnadenloser Killer, dem das Morden eine innere Befriedigung verschafft und der durch die innere Stimme seines toten Vaters zu immer grauenhafteren Taten getrieben wird.
Zu Beginn des Romans ist dabei noch nicht ganz klar, in welche Richtung sich das Buch eigentlich entwickeln wird. Wir sehen Ackerman eine Weile dabei zu, wie er mit verschiedenen Opfern seine perversen Spielchen treibt und lernen gleichzeitig Marcus kennen – den wahren Protagonisten dieses Buches und vermutlich auch der weiteren Reihe. Erst nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzleteile ineinander und ergeben am Ende einen hübschen Plottwist, der alles auf den Kopf stellt.
Marcus ist im Grunde ein prinzipiengetriebener und äußerst rechtschaffender Mann mit einer düsteren Vergangenheit. Am Anfang des Buches zieht er in ein kleines Dorf auf dem Land und trifft dort auf Maggie, die Tochter des Sheriffs. Zwischen den beiden springt sofort ein Funke über, doch als Marcus seine Nachbarin (nicht Maggie) schrecklich zugerichtet in ihrem Haus auffindet, beginnen die Dinge, aus dem Ruder zu laufen.
Auf einmal weiß Marcus nicht mehr, wem er noch vertrauen kann und bald ist der Sheriff selbst ihm auf den Fersen. Marcus vermutet eine große Verschwörung dahinter, in die sogar der Präsident der Vereinigten Staaten selbst involviert ist. Zu allem Übel kommt dann auch noch Ackerman in das kleine Dorf, der Marcus schon eine Weile beobachtet hat und in ihm einen ebenbürtigen Rivalen sieht. Die beiden Männer sind wie die zwei Seiten von ein und derselben Münze. Licht und Schatten. Tod und Leben. Am Ende muss Marcus dem gefährlichsten Mann seiner Epoche persönlich gegenübertreten…
Das gefällt mir gut!
Ethan Cross versteht sich schon in seinem Debut darin, einen unfassbar spannenden Roman zu schreiben. Der Verlauf der Handlung ist alles andere als Vorhersehbar und am Ende des Buches wird man als Leser außerdem mit einem zuckersüßen Plottwist belohnt.
Insgesamt würde ich sagen, dass „Ich bin die Nacht“ noch ein wenig düsterer ist als die restlichen Thriller, die ich bisher von Ethan Cross gelesen habe. Ackerman ist zwar schon in Ansätzen der nette, liebenswürdige Killer von nebenan, doch den Großteil der Geschichte ist er halt einfach ein Monster. Was schön ist, wenn man schon weiß, wohin er sich später entwickeln wird :).
Ansonsten ist es einfach sehr unterhaltsam zu lesen, welche perversen Spielchen sich Ackerman für seine zahlreichen Opfer ausdenkt. Man fiebert immer ein wenig mit den armen Leuten mit, obwohl man genau weiß, dass sie am Ende sterben müssen. Trotzdem gelingt es Ethan Cross, bei alldem Ackerman nicht als ausschließlich böse darzustellen. Bei allem was er tut schimmert eben doch noch ein winziges Fünkchen Gutes in ihm, was im Laufe des Buches immer größer wird. Objektiv betrachtet ist Ackerman zwar ganz klar der Antagonist, aber wir lernen ihn kennen und lieben wie einen Protagonist. In gewisser Weise erinnert das an „Game of Thrones“, wo es ja auch kein Schwarz oder Weiß gibt, sondern wo halt alle Figuren irgendwie böse und gut gleichzeitig sind.
Lohnt sich das Buch? – Mein Fazit
Ja, das Buch lohnt sich! Ich bin in diesem Review zwar deutlich weniger überschwänglich aufgetreten als noch in meiner Rezension zu „Die Stimme der Rache“, aber auch dieser Roman von Ethan Cross ist wieder absolut brillant. Eine klare Leseempfehlung für alle Fans von Thrillern, bei denen es auch mal etwas brutaler sein darf :D
Hier noch meine zusammenfassenden Wertungen:
Sahnigkeit: Doppelrahmstufe
Thrillometer: 220/240 bpm
Genussform: nicht für Vegetarier geeignet
Scherzspektrum: 5/10 Kichererbsen
Romantikmesser: Hier braucht ihr eigentlich überhaupt kein Taschentuch xD
Charakterbindung: Goldene Eisenfesseln
Insgesamt schafft es der Roman auf eine Gesamtwertung von 9.5/10 Schreibfedern. Damit sichert sich der Thriller einen gemütlichen Platz auf den vorderen Reihen der Goldenen Liste!
Wenn ihr schon Bücher von Ethan Cross gelesen habt, dann lasst mich in den Kommentaren unbedingt wissen, was ihr davon haltet! Natürlich bin ich auch jederzeit dazu bereit, meinen Standpunkt in einer kritischen Diskussion über die Qualität dieses Literaturstücks zu verteidigen.



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