28. Kapitel - Ende gut, alles gut? | CrayZ
- Tim J. R. Ufer

- 19. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Sept. 2021
Hannibal Bond kämpfte wie ein Löwe. Er tobte auf dem Schlachtfeld wie ein Wirbelsturm. In der einen Hand einen hässlichen Krummsäbel, in der anderen seine Pistole, sprang er Zähne bleckend durch die Reihen seiner Gegner und streckte einen Moorsoldaten nach dem anderen nieder.
Als wir endlich mit den Rebellen und den restlichen Soldaten, die sich uns angeschlossen hatten, das Schlachtfeld stürmten, war es schon fast zu spät gewesen. Saschas Batmobil war von dem siebenarmigen Feuerdämon zerstört worden und nun lieferten sich die beiden einen erbitterten Ringkampf.
Henry, Bruno und Nils versuchten gemeinsam, Hannibal Bond in Schach zu halten, mussten jedoch ständig auf der Hut sein, um nicht von dessen Kugeln getroffen zu werden.
Socke kreiste unterdessen noch immer auf dem Riesenadler Beagle über dem Schlachtfeld und stieß hin und wieder in einem todesverachtenden Sturzflugmanöver vom Himmel, um einen unvorsichtigen Schergen von Bond vom Boden zu pflücken. Es war jedoch abzusehen, dass Beagle früher oder später eine Pause vom Fliegen brauchen würde und Bonds Männer warteten bereits lauernd auf ihre Gelegenheit, es dem verrückten Greis heimzuzahlen.
Dazu sollte es allerdings niemals kommen. Lennon entfesselte seine gesamte Drohnenarmee, während hunderte Rebellen und ehemalige Soldaten des Tyrannen die Ebene stürmten. Angesichts dieser überwältigenden Überzahl ließen Bonds Männer sofort ihre Waffen fallen und kapitulierten bedingungslos.
Nur der Geheimagent selbst kämpfte nun noch erbitterter als zuvor. Wie eine Furie wirbelte er stechend, fauchend und um sich schießend durch unsere Reihen. Bis schließlich eine Horde seiner eigenen Soldaten ihn zu Boden warf und solange mit Schwerthieben bearbeitete, dass am Ende nur noch saftiges Geheimagentenfilet übrigblieb, für das jeder Reptiloid sicherlich seine rechte Hand gegeben hätte.
Selbst jetzt, zwei Wochen später, kann ich, wenn ich mich ganz doll anstrenge, noch immer die Kopfschmerzen spüren, die auf die unglaubliche Nacht an diesem Tag folgten. Wir haben gefeiert. Und wie wir gefeiert haben! Gudrun, die Moorhexe, hat uns alle in die Schlammige Festung eingeladen und ihre gesamten Vorräte an hochprozentigem Sumpfschnaps für diesen Anlass geopfert.
»John, wir müssen los. Die anderen warten bestimmt schon auf uns‹‹, reißt mich Chrissy aus meinen Erinnerungen, schlingt ihre Arme von hinten um mich und haucht mir sanft einen Kuss auf die Wange.
»Ja, ich komme schon‹‹, erwidere ich und erhebe mich seufzend von meinem Sessel vor dem großen Panoramafenster. Noch immer bin ich jeden Abend fasziniert von dem Anblick der funkelnden Lichter der Stadt bei Nacht. Vor allem jetzt, da mit jedem Tag neue Lichtpunkte hinzukommen.
»Sei aber diesmal bitte ein wenig netter zu Torben. Er schmollt immer noch, weil du ihn das letzte Mal so vernichtend in Moorhuhn abgezockt hast‹‹, sage ich ernst, während ich mir von Chrissy mein Hemd richten lasse.
»Keine Angst, ich werde mich beherrschen‹‹, erwidert Chrissy mit einem Lächeln auf den Lippen.
»Solange du mir versprichst, dich auch hin und wieder mit Lennon über seinen Computerkrams zu unterhalten‹‹, meint sie streng, »Während du weg warst, musste ich mir nämlich ständig sein ganzes Gefasel anhören. Damit ist jetzt Schluss!‹‹
»Geht klar‹‹, verspreche ich. Ich nehme meine Freundin sanft bei der Hand, öffne die große Glastür zum Balkon und wir treten hinaus in die kühle Nachtluft.
»Darf ich die Dame dann bitten, aufzusitzen‹‹, sage ich in gespielt strengem Tonfall.
»Aber selbstverständlich‹‹, erwidert Chrissy und springt mir von hinten auf den Rücken. Ihre Arme schlingen sich eng um meinen Hals und ihre Beine sind um meine Hüften verschränkt.
Ein Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht und ich steige auf das Balkongeländer vor mir. In einer fließenden Bewegung ziehe ich mein Schwert. Die Klinge funkelt rubinrot in der Dunkelheit. Für einige Augenblicke genieße ich die herrliche Stille hier oben, knapp zweihundert Meter über den Straßen der Stadt Monheim.
Dann mache ich einen weiteren Schritt und wir stürzen in die Tiefe.
»Da seid ihr ja endlich‹‹, begrüßen uns Thorsten und Torben im Chor. Beide halten bereits einen großen Bierkrug in der Hand und ihre Wangen sind vom Alkohol gerötet.
»Ich bin mir sicher, die zwei waren daheim noch mit etwas beschäftigt‹‹, meint Bruno mit seiner tiefen Affenstimme und zwinkert mir verschwörerisch zu.
Ich schüttele nur grinsend den Kopf, begrüße Lennon mit einem kurzen Handschlag und lasse mich dann seufzend auf einen der äußersten Barhocker sinken.
»Das Übliche?‹‹, fragt der Barkeeper und sieht mich fragend an.
»Klar‹‹, erwidere ich, »Und bitte noch einen Cocktail des Tages für die Dame hier neben mir.‹‹
Während der Barkeeper sich um unsere Getränke kümmert, drehe ich mich zu dem Mädchen, das neben mir auf dem äußersten Barhocker sitzt. Noch immer hält sie ihren Kopf gesenkt und würdigt mich keines Blickes.
»Hey‹‹, versuche ich schließlich das Schweigen zwischen uns zu brechen, das jetzt schon viel zu lange andauert. Keine Antwort. Und ich kann es ihr nicht einmal übelnehmen.
»Es tut mir leid, Clara‹‹, sage ich, wobei mir jedes einzelne Wort bleischwer auf der Zunge liegt.
»Chrissy braucht mich jetzt. Wir sind die Einzigen, die im Schwarzen Loch für Ordnung sorgen können. Außerdem…‹‹, ich stocke, »Außerdem brauche ich sie auch.‹‹
Jetzt endlich sieht Clara zu mir auf. Ihre smaragdgrünen Augen funkeln feucht im matten Licht der Deckenlampen. In ihnen liegt Schmerz. Trauer. Aber auch noch etwas anderes. Dankbarkeit.
»Du musst dich nicht entschuldigen‹‹, sagt sie schließlich und wischt sich eine Träne von der Wange, »Du hast meine Mutter gerettet. Uns alle, wenn man es genau nimmt. Du verdienst es, glücklich zu sein.‹‹
»Ich habe uns nicht allein gerettet‹‹, entgegne ich, »Und du verdienst das Glück genauso, wie ich es tue.‹‹
In diesem Moment bringt der Barkeeper unsere Getränke. Ich schiebe Clara ihren Cocktail hin und hebe mein eigenes Glas.
»Auf uns alle‹‹, sage ich und blicke Clara tief in die Augen.
»Du sagst es, John!‹‹, ruft Torben, der plötzlich neben uns aufgetaucht ist, »Auf uns alle!‹‹
»AUF UNS ALLE!‹‹, fällt nun die ganze Kneipe grölend mit ein. Gläser und Krüge werden schwankend erhoben. Frisch gezapfter Alkohol schwappt munter über den ein oder anderen Rand und ergießt sich auf Boden und Tische. Ich lasse meinen Blick über die versammelten Männer und Frauen, Soldaten und einfache Bauern, Wesen und diverse Daseinsformen streifen. Ich muss lächeln.
Dann führe ich mein Glas zum Mund und leere es in einem Zug.

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