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„Hast du keine Sorge, dass dir jemand deine Ideen klaut?“

  • Autorenbild: Tim J. R. Ufer
    Tim J. R. Ufer
  • 4. Aug. 2021
  • 6 Min. Lesezeit

Heute möchte ich mit euch ein heißes Thema diskutieren, das Schreibende aus aller Welt in zwei gegensätzliche Lager spaltet. Es geht um die Frage, ob man über seine Buchideen schon vor der Veröffentlichung offen sprechen sollte, oder eben nicht. Da es im Verlagswesen den Autoren meistens vertraglich vorgeschrieben ist, vor dem Veröffentlichungstag die Klappe zu halten, wollen wir diesen Bereich bei unserer Diskussion vorerst ausklammern. Stattdessen konzentrieren wir uns voll und ganz darauf, ob es sinnvoll ist, im Selfpublishing seine Buchideen einfach so in die Welt zu schreien. Zur Vereinfachung nennen wir im Folgenden das Lager, das gegen die Bekanntmachung von Ideen ist, die Antis und das opponierende Lager, die Pros.


Zunächst das Offensichtliche

Die große Angst der Antis ist ja, dass ihre Ideen geklaut werden. Wer schonmal ein Buch geschrieben hat, der weiß, dass dieser Akt mit mehr als nur ein bisschen Arbeit verbunden ist. Meist stecken in einem Roman Monate, wenn nicht sogar Jahre harter, schweißtreibender Tätigkeit und für viele Autoren ist die Fertigstellung des eigenen Buches wie die Geburt eines eigenen Kindes. Damit verbunden ist natürlich auch ein gewisser Beschützerinstinkt. Auf keinen Fall möchte man riskieren, dass irgendein dahergelaufener Dulli die eigene Buchidee klaut (oder schlimmer: sogar ganze Teile des bereits fertigen Manuskripts) und damit dann den ganz großen Reibach macht.

Die Pros argumentieren in diesem Punkt zweierlei. Zum einen ist da die Sache mit dem Wert einer Idee. Aus Sicht der Pros ist eine Buchidee nämlich überhaupt nichts wert. Jeder, wirklich jeder kann eine fantastische Buchidee haben. Und noch viel wichtiger: Die meisten Menschen haben auch tatsächlich fantastische Buchideen. Geh doch einfach mal in deinem Freundes- oder Bekanntenkreis herum und frage die Leute, ob sie gute Ideen für ein Buch haben. Natürlich hat noch nicht jeder darüber nachgedacht, etwas Eigenes zu schreiben, aber ich könnte wetten, dass trotzdem einige davon mit coolen Ideen aufwarten werden. Der springende Punkt: Die wenigsten von ihnen werden diese Ideen jemals umsetzen! Es ist eben das Eine, eine tolle Buchidee zu haben, aber etwas völlig anderes, diese Idee dann auch zu Papier zu bringen. Dadurch grenzt sich die Anzahl an Leuten, die deine Ideen wirklich effektiv klauen können, schonmal stark ein.

Punkt zwei in der Argumentationskette der Pros ist, dass der Ideendiebstahl in der Buchbranche nicht nur schwierig ist, sondern vor allem auch wenig lukrativ. Antis plagt die Furcht, dass sie die ganze Arbeit in ein Projekt stecken, dessen finanzielle Früchte dann ein anderer vor ihrer Nase wegpflückt. Die gute Nachricht ist: Niemand wird euch die Früchte eurer Schaffenskraft vor der Nase wegpflücken. Die schlechte Nachricht: Wirklich niemand wird diese Früchte pflücken! Denn mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wird euer Buch kein nennenswertes Geld einbringen. Nicht mal Verlagsbücher bringen in den meisten Fällen nennenswert Geld ein. Und ja, ich weiß, man hat als frisch gewaschener Autor immer die Hoffnung, dass man mit seinem ersten Roman die Herzen der Leser aus aller Welt im Sturm erobert und der nächste Stephen King oder die nächste Joanne K. Rowling wird. Sollte euer Nachname zufällig Malfoy heißen, dann möchte ich darauf gerne mit einem Zitat antworten:

„Träum weiter, Malfoy.“


Aber was ist, wenn das Buch doch ein Erfolg wird?!

Natürlich gibt es da immer noch das unwahrscheinliche, aber dennoch nicht unmögliche Szenario, dass eure erste Buchidee tatsächlich genial ist und auch das fertige Buch in der Umsetzung tausende Leser überzeugt. Wenn man das Gefühl hat, wirklich den nächsten Harry Potter im Kopf zu haben, wird plötzlich jeder befreundete Autor zum potentiellen Erzfeind. Überall lauert die Gefahr, die Idee könne geklaut und dann vom Dieb höchstpersönlich selbst verwertet werden.

Pros schütteln darüber nur lächelnd den Kopf. In der Buchbranche, ja generell in der gesamten Kunstszene gehört Ideenklau zur Tagesordnung. Und das ist auch gut so! Here’s why:

Kreativität hat relativ wenig damit zu tun, sich komplett neue Dinge auszudenken und dafür umso mehr damit, alte Dinge auf eine neue Art und Weise zu kombinieren. Was daraus entsteht sind Ideen, die auf den ersten Blick völlig neu und erfrischend wirken, bei genauerer Betrachtung aber einfach ein Strickwerk aus bereits vorhandenen Bindfäden darstellen. Alte Ideen werden neu verwertet, neu Ideen in bereits vorhandene und bewährte Handlungsstränge eingebettet.

Natürlich gibt es hin und wieder Künstler, bei denen der Anteil eigener Ideen am Gesamtwerk einfach höher ist als bei anderen. Aber selbst diese Leuchttürme kreativer Schöpferkraft lassen sich doch irgendwo inspirieren oder haben bestimmte Erfahrungen in ihrem Leben gemacht, die ihre Kunst maßgeblich in eine bestimmte Richtung beeinflusst haben.

Antis grätschen an dieser Stelle mit weit geöffneten Mündern und Augen groß wie Teller dazwischen und rufen: „Na toll! Du sagst uns also, Ideenklau steht an der Tagesordnung und der Dieb könnte schon hinter der nächsten Kunstgalerie auf uns warten. Inwiefern soll uns das bitte beruhigen?!“

Ein berechtigter Einwand, wie ich finde. Nun, das Ding ist, dass Ideenklau in der kreativen Szene zwar an der Tagesordnung steht, doch die Grundidee meist wenig mit dem tatsächlichen Endprodukt hat. Wer schonmal ein Buch geschrieben hat oder sich anderweitig künstlerisch betätigt, weiß, dass eine Idee sich während des Schaffungsprozesses meist sowieso nochmal komplett verändert. Oft startet man mit einem bestimmten Geistesblitz, den man im fertigen Produkt letztendlich vergeblich sucht. Dennoch war dieser Geistesblitz notwendig, um die Dominokette kreativer Ideenstränge anzustoßen.

Gib zwei Künstlern ein und dieselbe Idee und die Endergebnisse werden sich um Welten unterscheiden. Der Grund dafür ist, dass die Ursprungsidee eben nur der erste Schritt in einem ganzen Marathon ist. Es braucht noch so viel mehr, um ein fertiges Buch zu schreiben, als nur eine gute Idee.


Das absolute Schreckensszenario: Testleser klaut mein Buch!

„Na schön“, mögen die Antis nun eingestehen, „Eine Idee alleine reicht wohl noch nicht aus, aber was ist, wenn mir mein gesamtes Manuskript geklaut wird?“

Aus Sicht der Pros gibt es mehrere Gründe, warum diese Angst völlig unbegründet ist. Zuallererst gibt es einfach wenige Leute, die so etwas überhaupt tun würden. Das mag naiv klingen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass zumindest 95% der Menschen, die als Testleser oder Testleserinnen in Frage kommen, viel zu große Hemmungen hätten, so etwas zu tun. Ich bilde mir zumindest ein, dass die kriminelle Energie in der Autorenszene verglichen mit anderen Branchen verhältnismäßig gering ist.

Hinzu kommt, dass man als Testleser sowieso nur Leute auswählt, denen man zumindest halbwegs vertraut. Es kommt ja niemand auf die Idee, das eigene Buch einfach offen zum Download auf Facebook zu posten, damit jeder es sich herunterladen kann. Stattdessen verlässt man sich auf Leute, die man wenigstens einigermaßen kennt und bei diesen Menschen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie dich übers Ohr hauen und dein Buch klauen nochmal deutlich geringer. Denn damit würden sie ja die Beziehung zu dir vollständig ruinieren.

Aber nehmen wir mal an, es kommt wirklich hart auf hart und jemand gibt sich als vertrauenswürdiger Testleser aus, raubkopiert dein Manuskript, schickt es an einen Verlag und wird damit angenommen. Selbst dann gibt es immer noch etwas, das nennt sich Urheberrecht. Wenn du das Buch wirklich selbst geschrieben hast, dann wirst du auch zahlreiche Dokumente auf deinem PC haben, die beweisen, dass das Manuskript von dir ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Verlag ein Roman von jemandem veröffentlicht, bei dem auch nur die Möglichkeit besteht, dass er gar nicht die Rechte an dem Werk hat. Das wäre dann nämlich auch für den Verlag extrem gefährlich. Sollte der Manuskriptdieb es hingegen mit dem Selfpublishing versuchen, dann kannst du ihn natürlich ebenfalls verklagen – oder du lässt der Sache einfach ihren Lauf. Ganz ehrlich: Solange der Typ oder die Typin nicht eine riesige Reichweite hat, wird er oder sie sowieso kaum etwas von dem Buch verkaufen. Wahrscheinlich machen sie sogar Minus. Und wenn nicht – Glückwunsch! Dann ist dein Buch wirklich gut. In diesem Fall kannst du den Bücherräuber immer noch verklagen und dir dein Manuskript zurückholen, um es anschließend selbst zu verticken.


Mein Fazit – Es ist den Stress nicht wert

Es dürfte wohl mittlerweile rübergekommen sein, dass ich definitiv im Lager der Pros angesiedelt bin. Aufgrund der oben beschriebenen Ausführungen halte ich es für unnötig stressig, sich über Ideenklau oder gar Manuskriptdiebstahl ernsthafte Sorgen zu machen. Meiner Meinung nach verbaut man sich damit eher die Chancen darauf, mit dem eigenen Buch wirklich erfolgreich zu werden. Es hat nämlich auch einige Vorteile, seinen Roman schon vor Veröffentlichung öffentlich zu machen, aber das ist ein Thema für einen anderen Blogpost.


Jetzt bedanke ich mich erstmal fürs Lesen und wünsche euch noch einen wunderschönen Tag! Schreibt mir sehr gerne in die Kommentare, ob ihr ein Pro oder ein Anti seid. Und natürlich, weshalb. 😊

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